Manche Momente werden für immer hängen bleiben. Eindrücke, die es so noch nie gab. Bilder, die so viel Bizarres bieten, dass man ihnen kaum glauben mag. Dann geht die gedankliche „Record-Taste“ an, die Zeit steht still, man hört nichts mehr und schwenkt langsam, gaaanz langsam den Blick von links nach rechts. Und zurück. – Wir haben Abi. Und es ist ein kleines Stückchen Wahnsinn, was hier läuft. Siebenmal hatten wir solche Momente in diesem schriftlichen Abitur:

 Es ist frühmorgens um 8:30 Uhr, es sind alle gekommen, und sie waren überpünktlich da. Jetzt sitzen die Prüflinge weit verteilt im großen Forum, manchmal 65, manchmal auch nur sieben. Und sie werden alle negativ getestet sein. Aber jetzt, … jetzt wird erstmal in der Nase gebohrt, es fließen Tränen, manch einer muss die Augen schließen, viele sind routiniert und ziehen das einfach durch. Und dann kommt das große Warten, mit Maske vorm Gesicht. Die Stille vor dem Abitur, konzentrierte Ruhe vor der Klausur. Keiner redet. – Ich zähle durch: Alle da. Schon wieder. Wie wunderbar.

 Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Manche hatten vor einem (falschen) positiven Testergebnis so große Angst, in die Quarantäne geschickt zu werden und nicht mitschreiben zu dürfen, dass so frühmorgens zuhause schon einen „Test vor dem Test vor der Klausur“ gemacht haben. Was für ein Stress und was für eine Aufregung. Sie alle wollten unbedingt diese drei Abitur-Klausuren hinter sich bringen.

 Hierbei war unser „Testzentrum GyFa“ ein echtes Erfolgsmodell, hochprofessionell und gründlich geführt vom Schulbüro – vielen, vielen Dank an euch! Bereits das strahlende Willkommens-Lächeln war eine herzliche Begrüßung. Dann das Test-Set überreichen und jetzt durch die Reihen gehen und erste Ergebnisse kontrollieren, ja, es zeichnen sich bereits erste Erfolge ab, bei „C“ für „Control“ entsteht ein schwacher Strich. Die Anspannung weicht aus den Gesichtern der Prüflinge, noch ein paar aufheiternde Worte und ein freundlicher Blick.

 Der Test ist geschafft – gleich kommt die Klausur. Auf geht´s in die Prüfungsräume. Dort warten schon die Lehrkräfte mit den Prüfungsaufgaben, die wir selbst erst kurz vorher öffnen durften. Es läuft alles ganz glatt, Englisch, PGW und Geographie, dann Geschichte, Deutsch, Biologie, Physik und Mathematik. Fast alles. Die meisten Aufgaben sind sehr fair gestellt, sind gut zu schaffen und passen zu den behördlichen Ansagen. Nur in Biologie, da hat´s die Behörde wirklich vermasselt: In allen Aufgaben gibt´s mehr oder weniger kleine Fehler in den Abbildungen, und das teilt uns die Behörde leider erst mittags mit. Zum Glück haben unsere Bio-Lehrkräfte sich das Ausmaß der Fehler sofort ansehen und einschätzen können, dass es nicht so dramatisch ist. Daher konnten sie in ihren Kursen besonnen und beruhigend auftreten, so dass alle konzentriert weiter schreiben konnten.

 Bei allen unseren Kolleginnen und Kollegen, die diesen wirklich besonderen Abitur-Jahrgang 2021 in absolut vorbildlicher Weise unterstützt und begleitet haben, ihn motiviert und professionell unterrichtet haben, sei es in der gewohnten Präsenz oder in der anfangs neuen, mittlerweile zunehmend routinierten Distanz, bei allen bedanke ich mich sehr herzlich. Ich höre seit Wochen von so vielen Seiten, dass die Unterstützung durch unsere Lehrkräfte die gesamten zwei Oberstufenjahre hindurch so herzlich und originell, fachlich professionell und jederzeit unterstützend war – das macht uns als GyFa aus, und darin sind wir in dieser Corona-Stresssituation noch enger zusammen gerückt.

Auch dieses sehr besondere Gemeinschaftsgefühl ist es, was mir in fester und allerbester Erinnerung bleiben wird. Unser Abitur-Jahrgang 2021, ein Abitur voller starker und einmaliger Momente, die für immer hängen bleiben werden.

Kai Neumann
Oberstufenleiter